Die moderne Universität, wie sie insbesondere im Kontext einer geisteswissenschaftlichen Tradition seit Kant und Humboldt verstanden wird, gilt als der Ort öffentlicher Bildung par excellence. Öffentlich ist diese Bildung an der Universität erstens insofern, als hier tradierte Wissenskanones, eingeübte Denkformen und subjektive Standpunkte zur Debatte unter potentiell Andersdenkenden gestellt und kritisch befragt werden. Neben der Selbstbildung des Subjekts auf der Suche nach Wissen und Wahrheit umfasst die öffentliche Bildung an der Universität daher zweitens die Bildung einer Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden für die Wissenschaft, drittens aber auch über diese Gemeinschaft hinausweisende Ansprüche an Formationen des Sozialen und des Kulturellen.

Die Universität als Institution der Bildung durch Wissenschaft bedarf besonderer Freiheiten, um in diesem Sinne „öffentlich“ zu sein. Insbesondere seit der Bologna-Reform der Studiengänge wird jedoch eine Spannung zwischen Selbstverständnis und Idee der Universität einerseits und ihrer öffentlichen Beanspruchung und Eingebundenheit andererseits deutlich. Denn als Institution steht und stand sie stets auch unter dem Anspruch, ihre Verortung und Funktion in der Gesellschaft zu markieren und sich in dieser zu legitimieren.

Im Seminar gehen wir dieser Spannung und ihrer Bedeutung für universitäre Bildungsprozesse nach. Dazu beschäftigen wir uns zunächst mit Theorien der universitärer Bildung und der Öffentlichkeit. Anschließend diskutieren an historischen und aktuellen Beispielen, unter welchen Bedingungen sich Gemeinschaften universitärer Bildung formen, welche Öffentlichkeiten sie wie adressieren und mit welchen Herausforderungen und Möglichkeiten für öffentliche Bildung an der Universität dies verbunden ist.