Die mittelhochdeutsche Minnelyrik ist eine literarische Formkunst von ausgesprochen artifiziellem Charakter. Sie thematisiert in einem raffinierten Spiel von Rollen und Sprechhaltungen die ›Regeln‹ einer gelingenden Liebesbegegnung, die freilich vielfach uneinholbar bleibt. Denn gerade aus der je neu durchgespielten, programmatischen Reflexion unerfüllbarer Liebe, Sehnsucht und imaginierter Erfüllung bezieht das klassische Minnelied seinen speziellen Reiz. Das Sprechen über Liebe wird dabei determiniert durch ein spezifisches Begriffsrepertoire (dienesttriuwestaete) sowie durch ein Motiv- und Formenarsenal, das die Minnekonzepte und -semantiken maßgeblich prägt.

Die literaturwissenschaftliche Erschließung der Texte wird im Seminar durch eine medienhistorische Perspektive komplettiert: Wie ist mit der charakteristischen Offenheit und Varianz der Überlieferung umzugehen? Was bedeutet das weitgehende Fehlen von Melodienotation für die historischen Modalitäten von Performanz und Aufführung? Mit diesen und weiteren Aspekten sollen die medialen Bedingungen des literarischen Sprechens über Liebe erschlossen werden.

Dienstag, 10-12 Uhr - Seminarpavillon SP 1.03 (Campus Westend)


GER Q 1.1+2; O 1.1+2+3; LA: L2 FW4.1; L5 FW 4.1