Seitdem von Erderwärmung und Klimawandel, Arten- und Waldsterben nicht nur in der naturwissenschaftlichen Forschung und in Öko-Thrillern die Rede ist, hat die Bedeutung von Pflanzen für das menschliche Überleben und ökologische Gesamtzusammenhänge in Politik und Gesellschaft Konjunktur. Auch in den Literaturwissenschaften kann seit einigen Jahren ein verstärktes Interesse für pflanzliche Materialien, Figuren und Formen beobachtet werden. Konsens ist dabei, dass es in den sogenannten Plant Studies nicht allein darum gehen kann, der Vernachlässigung von Pflanzen in Literatur und Kultur mit einer erhöhten Aufmerksamkeit für das zu begegnen, was man gemeinhin als ‚Pflanzen‘ bezeichnet. Ziel ist vielmehr, Pflanzen nicht länger ‚nur‘ als ornamentale Kulisse diegetischer Welten, als Symbol menschlicher Beziehungsgefüge oder als passive Nahrungs- und Schreibgrundlage zu begreifen, sondern die Handlungs- und Wirkungsmacht von Pflanzen und ihre Rolle in Literatur, Kunst und Gesellschaft ausgehend von posthumanistischen und neumaterialistischen Perspektiven grundlegend neu zu bestimmen.

Das Seminar vollzieht diese Doppelbewegung der Plant Studies nach, indem es das Pflanzliche in literarischen Texten aufsucht und daraufhin aus einer ökokritisch motivierten Blickrichtung nach den Eigenheiten, Eigengesetzlichkeiten und Einflussbereichen der Pflanzen in ihren jeweilig spezifischen historischen, medialen und kulturellen Zusammenhängen fragt. Eingeleitet wird das Seminar von einer theoretischen Auseinandersetzung mit den Plant Studies, danach sollen die Methoden einer solchen literatur- und kulturwissenschaftlichen Pflanzenforschung an ausgewähltem Text- und Bildmaterial des 18., 19., 20. und 21. Jahrhunderts erprobt werden. Im Fokus stehen dabei lyrische Texte und Erzählungen.