Das forschungsorientierte Blockseminar beschäftigt sich mit Akteuren der ‚Vor- und Frühgeschichte‘ der Geisteswissenschaften in Frankfurt am Main; genauer: mit Akteuren einer bestimmten philologischen Forschung, die später den Namen ‚Germanistik‘ tragen wird. Denn in den frühen 1810er Jahren findet sich in Frankfurt am Main – und damit in einer Zeit vor der Etablierung der Germanistik als akademische Disziplin und zudem in einer Stadt ohne Universität – eine Gruppe befreundeter Akademiker zusammen, die man aufgrund ihrer unterschiedlichen text- und buchbezogenen Tätigkeiten retrospektiv als ‚Frühgermanisten‘ bezeichnen könnte.

Im Zentrum dieser Gruppe steht der Jurist Johann Gerhard Christian Thomas (1785–1838), einerseits einer der führenden Politiker der Stadt, andererseits eifriger Bücher- und Handschriftensammler sowie Initiator wöchentlich veranstalteter künstlerisch-wissenschaftlicher Salonabende, bei denen unter anderem Jacob und Wilhelm Grimm regelmäßig zu Gast waren. Zwar ist Thomas heute weitestgehend in Vergessenheit geraten, doch insbesondere die Aufbereitung seiner Briefe an die Grimms (https://digital-beta.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht?PPN=PPN1772226246&PHYSID=PHYS_0001&view=overview-toc)verspricht viele neue Erkenntnisse zur Frühphase der Geisteswissenschaften im Allgemeinen und der Germanistik im Besonderen.

Anhand der erfreulicherweise bereits digitalisierten, aber bislang nicht systematisch untersuchten Briefe von Thomas sollen Studierende die Gelegenheit erhalten, im Sinne forschungsorientierten Lernens selbstständig eine bestehende Forschungslücke zu schließen. Das Seminar versteht sich als Pilotprojekt, neuartige Prüfungsleistungen (etwa Edition und Kommentar einzelner Briefe) sind denkbar.