Das Seminar will zwei Stränge verfolgen und vielleicht, aber erst ab einem bestimmten Punkt, vorsichtig und punktuell übereinander legen in Form eines Montage-Experiments.

Erstens: Es geht um die Farbe Blau, ihre Symboliken, merkwürdige Anziehungsverhältnisse, die unterschiedlich motiviert sind, zuweilen auch motivlos bleiben: in Toni Morrisons Erstlingsroman The Bluest Eye (1970) stehen die „blauen Augen“ für „whiteness“ und das rassistische Fundament dieses Schönheitsideals; in Derek Jarmans Film Blue (1993) steht die Farbe im Zusammenhang mit (Un)endlichkeit, Erblindung und Sterben; in Maggie Nelsons Bluets (2009) drückt sich die Farbobsession als Einsammeln blauer Dinge aus und das Sammeln zeichnet sich als melancholisches Nachsinnen einer tragischen Liebe ab.

Zweitens: Es geht um Musik: den afro-amerikanischen Blues – Charley Patton, Robert Johnson, Muddy Waters, Bessie Smith u.v.m. – und um Literatur, die von diesem Rhythmus – Gedächtnisspur der Sklaverei – getragen wird. Und es geht um Übersetzung. Sie muss sich – wie es etwa die James Baldwin Übersetzerin Miriam Mandelkow einmal auf den Punkt gebracht hat – von Blues-Musik anstecken lassen, will sie den Sound und das Gedächtnis, das dadurch aufgerufen wird, nicht verpassen. Auf dem Programm stehen daher auch verschiedene Texte von James Baldwin, in verschiedenen Übersetzungen (etwa Notes of a Native Son und Mandelkows Neu-Übersetzung von 2022; sowie sein Roman Beale Street Blues (auch Name eines berühmten Songs von Louis Armstrong) und Mandelkows Neuübersetzung von 2018).

Vor dem Hintergrund der erarbeiteten Erkenntnisse möchten wir uns nicht zuletzt an eine Neuübersetzung von Armanda Gormans inauguration-Gedicht To Climb the Hill (2021) wagen.