Wie kann Heiligkeit zur Sprache gebracht werden? Wie kann das Unverfügbare verfügbar, das Unbeschreibliche beschrieben werden? Wie kann also von etwas erzählt werden, das sich definitionsgemäß gar nicht in Worte fassen lässt? Um solche narratologisch wie theologisch hochbrisanten Fragen zu diskutieren, werden wir uns in diesem Seminar mit einer der populärsten Gattungen des Mittelalters überhaupt beschäftigen: mit Legenden. Legenden erzählen von den Lebensgeschichten christlicher Heiliger. Wir schauen uns sowohl ausführliche Einzellegenden an (etwa Reinbots von Durne Heiliger Georg oder Konrads von Würzburg Alexius) wie auch kürzere Heiligenbiografien, die als Teile übergeordneter Legendensammlungen konzipiert sind (etwa Legenda Aurea, Passional, Märterbuch). Ziel des Seminars ist es, einen Eindruck von der immensen Vielfalt legendarischer Erzähl- und Funktionsweisen zu gewinnen.
Ich empfehle, sich die aktuelle Ausgabe des Heiligen Georgs zu besorgen:
Reinbot von Durne: Der heilige Georg. Mittelhochdeutscher Text, Übersetzung, Kommentar und Materialien zur Stofftradition. Hg. v. Christian Buhr, Astrid Lembke, Michael Ott. Berlin/Boston 2020.
Weitere Primärtexte werden Ihnen in einem Moodle-Kurs zur Verfügung gestellt.
Zur thematischen Einführung in das ‚legendarische Erzählen‘ sei empfohlen:
Elke Koch/Julia Weitbrecht: Einleitung. In: Julia Weitbrecht/Maximilian Benz u. a.: Legendarisches Erzählen. Optionen und Modelle in Spätantike und Mittelalter. Berlin 2019 (Philologische Studien und Quellen 273), S. 9–21.
- Trainer/in: Julius Herr