Die kulturelle Dominanz digitaler Kommunikation verändert die Lektürepraktiken und literarischen Sozialisationsverläufe Heranwachsender gravierend. Das wirft einerseits neue literaturdidaktische Fragen auf, andererseits werden „alte" Fragen in neuer Weise virulent wie es sich in dem Diskurs nach der Bedeutung einer ausgeprägten „Lesekindheit“ (Hurrelmann et al. 2006) nicht nur für die Entwicklung von Lesekompetenz Heranwachsender, sondern für die psychosoziale und kulturelle Orientierung in einer posttypografischen Gesellschaft zeigt. Die gegenwärtige Unterrichtskultur im literarischen Bereich entwickelt sich allerdings nicht im Gleichschritt mit dem rasanten Zuwachs der Digitalität – literarischer Kompetenzgewinn erfolgt weiterhin mehrheitlich kognitiv-instruktiv, wenngleich das Lernen aus und an Literatur (Zabka et al., 2022) andere, nämlich emotionale und ästhetische Zugänge in besonderer Weise einfordert und ermöglicht. Ein erfahrungsorientierter Unterricht, der literarische Lektüre und Lernen als personal bedeutsam und ästhetische Wahrnehmungsprozesse fruchtbar werden lässt, findet wenig Einzug in Klassenräumen.

Im Blockseminar „ Multimediale Aneignung von Rezeptionskompetenzen in der Vermittlung literarästhetischer Prozesse“ (MARVL-PRO) widmen wir uns literarästhetischen Rezeptionsprozessen in multimedialen Erfahrungsräumen unter folgenden Fragestellungen: Welche Angebote gibt es, welche Chancen und Risiken entstehen, wenn Literatur die Geschlossenheit des Buches verlässt und in offenen auditiven Text-Bild-Räumen erscheint, welche – alten oder neuen – Rezeptionskompetenzen verlangt die adäquate und lernwirksame Begegnung mit ihr?

Das Blockseminar findet gemeinsam mit Mainzer und Darmstädter Studierenden an vier Tagen am 16.11.24 von 9:30-16 Uhr in Frankfurt (Goethe-Universität), am 14.12.24 von 10-15 Uhr in Mainz (Johannes Gutenberg-Universität), am 16.12.24 von 11:30-13:30 Uhr in Darmstadt (Technische Universität) und abschließend am 25.01.25 von 10-14:30 Uhr in Frankfurt (Goethe-Universität), in Präsenz sowie in asynchronen Gruppenarbeitsphasen statt. Im gemeinsamen interuniversitären Austausch wird es ein Anliegen des Seminars sein, aus unterschiedlichen Perspektiven geeignete Lernformate (Videocasts) an literarischen Texten zu entwickeln, zu erproben und zu diskutieren. Das innovative Lernformat bietet somit Raum für den gemeinsamen Austausch, Wissenstransfer und Wissenschaftskommunikation.

Das Seminar wird im Rahmen der Rhein-Main-Universitäten „RMU-Initiativfonds Forschung und Lehre“ gefördert.