Von „Parzival“ zu „Parsifal“: Wolframs Artusroman und Wagners Bühnenweihfestspiel (Praxisbezug)

Dienstag, 08:00-12:00 – SH 1.107 (Campus Westend)

GER MA-1+2+3+4+5+6; (neue/alte PO) LA: L3 – FW 6.1, 6.2, 7.1, 7.2

Wer ist der Gral, fragt der titelgebende Protagonist in Richard Wagners Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ im ersten Akt und zeigt damit, dass er eben doch „nur ein Tor“ ist. Dabei ist die Frage, anders gestellt, nicht leicht zu beantworten, da sich Wagners Verständnis der Bedeutung des Grals mehrfach geändert hat. In der Vorlage, Wolfram von Eschenbachs „Parzival“, heißt es zunächst nur kryptisch: „daz was ein dinc, daz hiez der Grâl“ (235,23), dessen himmlischer Ursprung nur in Teilen und erst nach und nach enthüllt wird.

Aus Anlass der Neuinszenierung des „Parsifal“ an der Oper Frankfurt befassen wir uns zuerst mit dem letzten Bühnenwerk Wagners. Ausgehend vom Libretto fragen wir u.a. nach der Bedeutung des religiösen Aspekts, der Verherrlichung der sexuellen Askese, nach den Geschlechterrollen, um dann zu schauen, wie die Inszenierung diese Fragen ganz konkret theatral beantwortet. Dafür werden der betreuende Dramaturg, die Regisseurin und/oder der Dirigent der Aufführung die Seminarsitzungen besuchen.

Vergleichend und als Folie lesen wir dann den mittelhochdeutschen „Parzival“, aus dem Wagner geschöpft hat. Der Gral und die Geschichte des „tumben Toren“ Parzival ist dort eingebettet in einen geradezu globalen heilsgeschichtlichen Weltentwurf zwischen Orient und Okzident, zwischen Artushof, Gralsburg und âventiure-Raum, zwischen Herrschaft und Heil. Zu fragen ist mithin nach Wagners Selektion und Transformation des Stoffes, aber auch nach Wolframs ganz eigenem poetologischen Konzept.

Literatur: 

Die zu lesenden Texte sind in folgenden Ausgaben anzuschaffen: Richard Wagner „Parsifal“ (Reclam-Verlag: UB 5640). Für Wolframs „Parzival“ kann jede der drei gängigen Studienausgaben benutzt werden (Deutscher Klassiker Verlag im Taschenbuch; Reclam; De Gruyter Texte). Als Einführung dienen die diversen Wagner-Handbücher (Kröner; Bärenreiter/Metzler) sowie die Aufsätze von Volker Mertens zum „Parsifal“ und seinen mittelalterlichen Quellen; zu Wolfram die Metzler-Einführung von Joachim Bumke (8. Aufl. 2004) sowie das Wolfram von Eschenbach-Handbuch, hg. von Joachim Heinzle (2011; Studienausg. 2014). Als beste Gesamtinterpretation zum „Parzival“ sei empfohlen: J. Bumke, Die Blutstropfen im Schnee (2001).

Voraussetzungen:

Für Studierende anderer FB: Die Teilnahme an einem Kurs der Älteren deutschen Literatur setzt die Bereitschaft voraus, sich in mittelhochdeutsche bzw. frühneuhochdeutsche Texte einzuarbeiten, auch dann, wenn es keine Übersetzung ins Neuhochdeutsche gibt.

Leistungsnachweis:

Teilnahmevoraussetzungen sind die Bereitschaft zur sorgfältigen Lektüre und Vorbereitung der jeweils zu behandelnden Texte sowie die regelmäßige aktive Mitarbeit. Modulprüfung: i.d.R. zusätzlich Hausarbeit je nach Vorgaben der Modulbeschreibung für den Studiengang. Arbeitsformen des Seminars sowie die Modalitäten für den Teilnahme- und den Leistungsnachweis besprechen wir in der ersten Sitzung.