Die Tatsache, dass in den letzten Jahren oft von einem „affective turn“ in den Literaturwissenschaften die Rede war, verdeckt die Tatsache, dass die Frage nach der Rolle der Affekte die Dichtung seit ihren Anfängen begleitet. Wie das Handbuch Literatur & Emotion einleitend feststellt, markieren die Affekte „ein Gebiet, das seit Platon und Aristoteles zu den größten Konfliktzonen des Denkens und der Wissenschaft gehört.“ Zu den Konflikten, die mit dem Begriff des Affektes zusammenhängen, zählt nicht allein die Frage nach Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen unterschiedlichen Ausdrücken wie Affekt, Emotion, Gefühl oder Leidenschaft, sondern auch die nach der Rolle einzelner Affekte wie dem Zorn und der Scham, der Liebe und dem Hass, der Freude und der Trauer u.a.. Die Ringvorlesung geht den vielen Verzahnungen zwischen Literatur und Affekten an ausgewählten Beispielen aus der Theorie- und Literaturgeschichte von der Antike bis in die Gegenwart hinein nach.